Freitag, 25. August 2017

Rede von Botschafter Emerson zur Hannover Messe Preview | US-Botschaft und Konsulate in Deutschland


Hannover Messe Preview, Hannover, 27. Januar 2016,  Botschafter John B. Emerson

Vielen Dank, Dr. Köckler, Herr Soder. Hannover ist die Heimat meiner Vorfahren, und so es ist eine besondere Ehre, mit Ihnen hier zu sein.
Es ist auch eine große Ehre für die Vereinigten Staaten, 2016 Partnerland der Hannover Messe zu sein. Ich weiß, dass sich Wirtschaftsministerin Penny Pritzker und Präsident Obama sehr darauf freuen, Ende April hierher zu kommen. In den US-Vertretungen in Deutschland tun wir alles, um diese Partnerschaft zu einem beispiellosen Erfolg zu machen.
In ihrer 70-jährigen Geschichte hat die Hannover Messe industrielle Neuerungen präsentiert und war eine treibende Kraft für technischen Fortschritt. In all den Jahren war die Messe ein großartiger Gastgeber für einige der innovativsten US-Unternehmen. Dieses Jahr sind die Vereinigten Staaten erstmals Partnerland der Messe. Damit bieten sich der US-Delegation großartige Möglichkeiten, sich zu präsentieren und zahlreiche Gelegenheiten, auf dem globalen Markt für Industrietechnologie persönliche Kontakte zu knüpfen und neue geschäftliche Perspektiven zu entwickeln.
Handelsministerin Pritzker und ihr Ministerium sind auf dem besten Weg, im April mehr als 250 Unternehmen hierher zu bringen. Dank der Größe und der Vielfalt der US-Delegation werden die Besucher und Aussteller, die nicht aus den Vereinigten Staaten kommen, Verbindung zu einer breit gefächerten Gruppe von Vertretern des amerikanischen Industrietechnologiesektors aufnehmen können. In jedem der sechs Industriebereiche der Hannover Messe wird es mindestens einen amerikanischen Pavillon geben. Darüber hinaus werden in jedem amerikanischen Pavillon Handels- und Investitionsexperten unseres auswärtigen Handelsdienstes anwesend sein, um Kontakte zwischen Unternehmen herzustellen.
Wichtig ist, dass unser U.S. Investment Pavilion in der Nähe des Eingangs Nord 3 in Halle 3 eine Plattform für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Bundesstaaten und Gemeinden aus allen Teilen der Vereinigten Staaten bieten wird. Heute ist eine Vertreterin des Bundesstaates Wisconsin ist hier, um Ihnen einen ersten Einblick in die Vorteile der Vereinigten Staaten als Zielland für internationale Investitionen zu geben. Im April werden Wirtschaftsförderungsorganisationen aus Wisconsin und 100 weiteren Kommunen aus dem ganzen Land vertreten sein, um mit mehr als 5.000 Ausstellern aus der Industrie und mehr als 200.000 Messebesuchern aus aller Welt zu sprechen, die zur Hannover Messe erwartet werden.
Wie Sie vielleicht wissen, haben sich die Vereinigten Staaten letztes Jahr zu Deutschlands größtem Kunden entwickelt, und Deutschland ist der größte Handelspartner der Vereinigten Staaten in Europa. Anders ausgedrückt: Die Vereinigten Staaten und Deutschland haben großen Anteil an der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der jeweils anderen Volkswirtschaft. Dass Präsident Obama anreisen wird, zeigt, wie wichtig diese Messe sowohl für die US- als auch für die deutsche Geschäftswelt sein wird.
Wenn man sich die Entwicklung der Hannover Messe ansieht, die 1947 ins Leben gerufen wurde, nur zwei Monate nach Bekanntgabe des Marschallplans, wird klar, dass wir gemeinsam schon viel erreicht haben. Aber es gibt noch sehr viel mehr zu tun. Jetzt ist es an der Zeit, unsere Anstrengungen für langfristiges Wirtschaftswachstum bis weit ins 21. Jahrhundert hinein zu verdoppeln oder sogar zu verdreifachen.
Die Hannover Messe 2016 wird auch unterstreichen, welche Bedeutung die deutsch-amerikanischen und die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen im Allgemeinen in dieser Welt der rasanten Globalisierung haben. Aus amerikanischer Sicht bietet sie eine einzigartige Chance, nicht nur amerikanische Innovationen und amerikanischen Einfallsreichtum zu präsentieren, sondern auch die transatlantische Partnerschaft in einem kritischen Moment zu stärken.
Dr. Köckler, wie Sie sagten, baut das Thema der diesjährigen Hannover Messe auf der Arbeit der deutschen „Plattform Industrie 4.0“ auf, die im vergangenen Jahr bei der Messe eingeführt wurde. Es spiegelt auch das offizielle Motto des jährlichen Treffens des Weltwirtschaftsforums in Davos wider, das letzte Woche stattfand: „Die vierte industrielle Revolution meistern“.
Zweifelsohne verändert die weltweite Digitalisierung der Produktion unsere Gesellschaften und unsere Volkswirtschaften – durch Fortschritte in den Bereichen künstliche Intelligenz, Robotertechnik, Nanotechnologie, autonome Fahrzeuge, bei 3D-Druckern und auf anderen Gebieten der Technologie und Wissenschaft, die alle hier in Hannover zu sehen sein werden, wie wir ihrer Präsentation entnehmen konnten. Innovationen an den Schnittstellen dieser Disziplinen werden über Jahre hinweg jede Branche, jede gesellschaftliche Gruppe und den Alltag der Menschen und ihrer Familien auf neue und unvorhergesehene Weise beeinflussen. Zu lernen, wie wir von dieser Revolution profitieren können, während wir zugleich die Herausforderungen, die von ihr ausgehen, anerkennen und angehen, ist von entscheidender Bedeutung – nicht nur für unsere Unternehmen und Arbeitnehmer zu Hause, sondern für Menschen in aller Welt.
In der Geschichte hat technologischer Fortschritt neue Arbeitsplätze und neuartige Aufgaben geschaffen, während andere Arbeitsplätze oder Aufgaben überflüssig wurden. Wie in der Vergangenheit geschehen, werden sich einige Arbeitsplätze entwickeln, andere werden wegfallen, andere werden entstehen – auch Arbeitsplätze in ganz neuen Industriezweigen, die wir uns heute noch nicht einmal vorstellen können. Als ich mein Jurastudium beendete, gab es keine Handys, keine Videogeräte, keine DVDs oder CDs, ganz zu schweigen von Smartphones oder dem Internet. Mikrowellen waren teuer und schwer zu finden. Farbfernseher waren groß, tief und schwer. Heute kann man sie mit einer Hand hochheben. Na gut, Sie denken jetzt vielleicht, dass ich alt bin. Aber noch vor zwanzig Jahren gab es Berufe wie App-Entwickler, Social-Media-Manager, Suchmaschinenoptimierer und Big-Data-Analyst nicht. Letzte Woche haben meine Frau Kimberly und ich an der Digital-Life-Design-Konferenz in München teilgenommen. Dort war das Thema, wie zu erwarten, „The Next Next“. Es wird also so weitergehen.
In den Vereinigten Staaten schreitet die Digitalisierung so schnell voran, dass die meisten Nutzer kaum hinterherkommen. Der Wettlauf mit der Technologie und ihrem effektivsten Einsatz in Unternehmen schafft digitale Unterschiede, die ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein können. Amerikanische und deutsche Unternehmen spielen hinsichtlich der Herausforderungen und Chancen von Innovationen eine besondere Rolle und es können sich daraus für sie großartige Möglichkeiten ergeben.
Überlegen Sie einmal. In den Vereinigten Staaten sagen wir gerne, dass Innovationen nicht nur in unserem Interesse sind, sondern uns sozusagen im Blut liegen. Durch offene Plattformen und Systeme, die Innovatoren anziehen und risikobereiten Akteuren den Rücken stärken, schaffen wir Start-ups, die zu Legenden werden. Aber wir sollten nicht vergessen, wie viele große und mittelständische deutsche Unternehmen als Start-ups angefangen haben. Innovation liegt auch den Deutschen im Blut. Beide Länder haben neue Herausforderungen stets angepackt, sich an neue Umstände angepasst und neue Chancen ergriffen.
Das gilt ganz sicher auch für SEW-Eurodrive, Herr Soder. Ich weiß, dass wir von einigen der aufregenden Neuentwicklungen Ihrer Firma erfahren werden, die auf der Hannover Messe im April vorgestellt werden. Und die amerikanischen Unternehmen, die im April als Aussteller hierher kommen, haben genau denselben „Drive“, um es mal so auszudrücken.
Die Geschichte des amerikanischen Weltraumprogramms zeigt einen unerlässlichen Bestandteil von Innovation: schnell und präzise nach neuen Höhen zu streben, die jenseits dessen liegen, was zuvor nicht einmal möglich schien. Präsident Kennedy rief die Amerikanerinnen und Amerikaner dazu auf, den Traum von der Mondlandung bis zum Ende der Sechzigerjahre zu erfüllen. Neil Armstrongs erste Schritte auf dem Mond vor 47 Jahren machten den Ausdruck „moonshot“ zum geflügelten Wort für ein hoch gestecktes Ziel, nicht nur im Weltraum, sondern in jedem Bereich. Übrigens übersteigt die Rechenleistung der Smartphones, die jeder von uns bei sich trägt, bei Weitem die Leistung der Computer, die diesen „kleinen Schritt für den Menschen“ ermöglicht haben.
In den 1960er-Jahren war eines der unverzichtbaren Materialien im Wettlauf um die Eroberung des Weltraums ein Spezialgraphit, der den hohen Temperaturen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre standhalten konnte und von einem Raumfahrtunternehmen aus Texas namens POCO entwickelt worden war. POCO/Entegris ist heute der führende Hersteller von Graphit- und Siliziumcarbidwerkstoffen und -produkten für die Raumfahrtindustrie. Diese Materialien werden unter extremen Bedingungen genutzt und in Systemen eingesetzt, die sowohl beispiellose Präzision als auch sehr hohe Leistungsfähigkeit erfordern. POCO/Entegris wird Teil der US-Delegation sein, die im Frühjahr nach Hannover reist – und ist heute auch hier vertreten.
Unternehmen, die aus der Weltraumforschung hervorgegangen sind, haben zu unermesslichen technologischen Fortschritten beigetragen, die unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden verbessert haben, angefangen mit der Raumfahrtproduktion über bildgebende Verfahren in der Medizin bis hin zu Satellitennavigation und Wasseraufbereitung. Die Herausforderungen, mit denen unser Raumfahrtprogramm heute konfrontiert ist, unterscheiden sich sehr von denen von vor 50 Jahren. Wir kämpfen nicht mehr gegen einen Gegner oder konkurrieren um das Erreichen eines so herausragenden Ziels wie der Mondlandung. Was einmal als weltweiter Wettbewerb gesehen wurde, ist in den Vereinigten Staaten längst zu einer Plattform der internationalen Zusammenarbeit geworden. Aber was wir tun – oder auch nicht tun –, wenn wir uns neue Ziele stecken, ist nicht weniger folgenreich für unsere Zukunft, sowohl im All als auch hier auf der Erde.
Es heißt, dass im 21. Jahrhundert diejenigen die größte wirtschaftliche Macht haben werden, die klug genug sind, sie mit den wichtigsten Partnern zu teilen. Das ist der Leitgedanke des Konzeptes, das US-Außenminister John Kerry die Agenda für gemeinsamen Wohlstand nennt, und er sagt immer wieder, dass „Wirtschaftspolitik Außenpolitik und Außenpolitik Wirtschaftspolitik“ ist. Außenpolitische Initiativen haben immer am besten funktioniert, wenn sie wirtschaftliche Partnerschaften beinhalteten. Im 21. Jahrhundert ist die Welt noch kleiner geworden, wir sind stärker denn je miteinander vernetzt und voneinander abhängig. Und angesichts der akuten Schlagzeilen unserer Zeit dürfen wir nicht vergessen, wie wichtig wirtschaftliche Zusammenarbeit auf dieser global vernetzten Welt ist.
Deshalb ist die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft so wichtig. T-TIP steht für Ideen, die in den frühen Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in die Tat umgesetzt wurden, als führende amerikanische und europäische Politiker eine Partnerschaft schufen, die auf der Prämisse basierte, dass wirtschaftlicher Wohlstand in Europa wirtschaftlichen Wohlstand für die Vereinigten Staaten bedeuten würde, und umgekehrt. Diese Logik einer Partnerschaft, von der beide Seiten profitieren, leuchtet auch heute noch ein.
Zu beiden Seiten des Atlantiks ist es wichtig, dass wir unsere Volkswirtschaften stärken, indem wir für langfristige Stabilität für die Zukunft sorgen. T-TIP wird den wirtschaftlichen und strategischen Rahmen schaffen, in dem eben dieser gemeinsame Wohlstand aufgebaut werden kann. Das ist der nächste logische Schritt in diesen starken Beziehungen zwischen gleichberechtigten Partnern.
Derzeit generieren die EU und die Vereinigten Staaten gemeinsam fast die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung und 40 Prozent des Welthandels. Auch unsere Investitionsbeziehungen sind die umfangreichsten der Welt. Mit zahlreichen Anlagen in den Vereinigten Staaten ist SEW-Eurodrive nur ein Beispiel für solche Investitionen und die Beziehungen, von denen beide Seiten profitieren und die maßgeblich zu Forschung und Entwicklung beitragen – hoch innovative Forschung, die die Weltwirtschaft der Zukunft tragen und die Schaffung von Arbeitsplätzen und Branchen antreiben wird, die wir uns heute noch nicht einmal vorstellen können. Aufgrund kürzerer Produktlebenszyklen, der Nachfrage nach bedarfsorientierten Lieferungen, stärkerer Produktdifferenzierung und mehr globalem Wettbewerb müssen Firmen schneller, effektiver und effizienter Innovationen entwickeln.
Doch noch immer stehen unnötige Handels- und Investitionsschranken wie Zölle, Bürokratie, zeitliche Verzögerungen und Unsicherheiten bezüglich der Anforderungen an Produkte zwischen Tausenden, bei der Hannover Messe vertretenen, global orientierten Unternehmen und möglichen Kunden. Diese Schranken abzubauen ist sinnvoll. Es wird den Weg für Innovationen ebnen und die Bedürfnisse von Kunden, Gemeinden und Verbrauchern befriedigen. Regierungen sind es ihren Unternehmern, die mit den neuesten Ideen anderen weit voraus sind, schuldig, Systeme einzuführen, die mithilfe transparenter, marktorientierter, wissenschaftlicher Prozesse, die Maßstäbe setzen, Interoperabilität fördern. Die von T-TIP zu erwartenden Vorteile durch eine Harmonisierung von Standards sind geringere Konstruktions-, Entwicklungs- und Herstellungskosten, mehr Vertrauen zwischen Herstellern und Zulieferern und kürzere Produktionszeiten. So eine Strategie brauchen wir – eine Strategie, die dem Privatsektor und insbesondere kleinen und mittelgroßen Unternehmen in den heutigen und zukünftigen Branchen und Märkten zu Erfolg verhilft. T-TIP wird nicht nur kurzfristig Arbeitsplätze schaffen, die Partnerschaft wird auch langfristig die Bedingungen für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Chancen schaffen.
Wir wissen aus Erfahrung, dass Handelsgespräche politisch schwierig sind. Kein Abkommen ist perfekt. Und es ist einfach, pessimistisch zu sein. Aber letztendlich geht es bei der Entscheidung, die wir fällen müssen, um die Frage, ob wir mit T-TIP oder mit einer anderen Zukunft ohne T-TIP, die uns sonst bevorsteht, besser dran sind. Wirtschaftlich und strategisch liegt die Entscheidung auf der Hand. Wenn wir die Schranken für Handel und Investitionen abbauen, wird T-TIP die Werte stärken, die ein von Transparenz und Mitbestimmung geprägtes Allgemeinwesen fördern, in dem alle Volkswirtschaften gedeihen. T-TIP ist zweifellos ein starkes und realistisches Beispiel dafür, wie Regierungen mit Unternehmen zusammenarbeiten können, um die Wirtschaft zu fördern.
Ich schließe daher so, wie ich auch angefangen habe – indem ich betone, wie wichtig es für die Vereinigten Staaten und unsere zahlreichen Unternehmen und Wirtschaftsförderungsorganisationen ist, im April 2016 Partnerland der Hannover Messe zu sein. Unsere Vorfreude darauf, Unternehmen und Branchen aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt die Gelegenheit zu geben, unsere Aussteller zu besuchen, Geschäfte abzuschließen und die Vereinigten Staaten als Partner für zukünftige Handels- und Investitionen auszuwählen, könnte nicht größer sein.
Um es ganz deutlich zu sagen, hier geht es um die Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland. Eben die Bedeutung dieser wichtigen Partnerschaft ist der Grund, weshalb wir hier in Hannover sind. Sie ist der Grund dafür, dass wir die freundliche Einladung der deutschen Seite angenommen haben, 2016 Partnerland zu sein, und sie ist auch der Grund dafür, dass unser Präsident im April dieses Jahres nach Hannover kommen wird.
In nur 88 Tagen werden Deutschland und die Vereinigten Staaten der Welt hier ganz genau zeigen, warum es wirtschaftlich absolut sinnvoll ist, dass wir miteinander Geschäfte machen. Und so werden wir nicht nur mit Worten, sondern auch durch die allgemeine Betriebsamkeit, die unsere Unternehmen bei der Hannover Messe gemeinsam entstehen lassen werden, zeigen, warum das Wachstum unserer transatlantischen Partnerschaft so bedeutsam für unsere gemeinsame Zukunft ist.

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