Dienstag, 18. Oktober 2011

Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland, Philip D. Murphy: ",Die Vereinigten Staaten von Amerika: Eine Nation der Einwanderer"



US-Botschafter Murphy im Rathaus Neukölln

On 2011/10/17, in USA-Deutschland, by Amerika Dienst 


BERLIN – (AD) – Nachfolgend veröffentlichen wir die Rede, die der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland, Philip D. Murphy, bei einer Veranstaltung der STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft mbH im Rathaus Neukölln zum Thema Integration und Einwanderung am 17. Oktober 2011 gehalten hat.

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Malter, vielen Dank für die Einladung, heute Abend zu Ihnen zu sprechen und mit Ihnen zu diskutieren.

Bürgermeister Buschkowsky, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist großartig, hier in Berlin- Neukölln zu sein – einem der Bezirke in Berlin, in denen sehr viele Migranten zuhause sind –, um über die Chancen und Herausforderungen einer vielfältigen, multikulturellen Gesellschaft zu sprechen.

Ich weiß, dass sich in diesem Raum sehr viele engagierte Menschen versammelt haben, daher ist es mir eine Ehre, hier sein zu dürfen.

Vielfalt ist eines der auffälligsten Merkmale meines Landes.

Seit der Gründung vor mehr als 200 Jahren hat die Immigration die nationale Identität der Vereinigten Staaten gekennzeichnet.

Wellen von Einwanderern erreichten auf der Suche nach dem amerikanischen Traum von Freiheit und Gleichheit unsere Küsten.

Jede Gruppe hat einen enormen Beitrag zu den intellektuellen, wissenschaftlichen, künstlerischen und kulturellen Errungenschaften geleistet.

Über Generationen hinweg haben Einwanderer die Vereinigten Staaten zum Land der Möglichkeiten gemacht:

Ein Land, in dem Eigenständigkeit, Freiheit und Demokratie geschätzt werden und das jene willkommen heißt, die sich mit Fleiß eine bessere Zukunft erarbeiten. Die Bürger der Vereinigten Staaten kommen aus allen Teilen der Welt – Sie können in unserem Land praktisch jede Hautfarbe und Religion vorfinden.

In der Tat betrachten sich die Vereinigten Staaten als „Nation of Immigrants“ ‑ „Nation der Einwanderer“.

Das war der Titel, den Präsident John F. Kennedy für ein Buch wählte, das er 1957 in Zusammenarbeit mit der Anti-Defamation League schrieb.

Das Buch wurde 1964, ein Jahr nach seiner Ermordung, posthum veröffentlicht. Kennedy argumentierte, dass „mit Ausnahme einer einzigen Gruppe jeder Amerikaner, wo auch immer er lebt, entweder selbst eingewandert ist oder von Einwanderern abstammt“.

Die Ausnahme, so bemerkte Kennedy, seien die amerikanischen Ureinwohner, obwohl Historiker behaupten, dass sie vor circa 35.000 Jahren ebenfalls aus Nordasien eingewandert seien.

Eine weitere Ausnahme, die genannt werden muss, stellen Afroamerikaner dar. Sie kamen als Sklaven in Ketten nach Amerika und nicht auf der Suche nach Freiheit.

Sie hatten nicht die Möglichkeit, das „Geheimnis Amerikas“ zu genießen, wie Präsident Kennedy es beschrieb.

Sie hatten nicht die Möglichkeit, die neuen Grenzen zu erkunden und sich ein neues Leben in einer Gesellschaft aufzubauen, die ihre Wahl- oder Handlungsfreiheit nicht einschränkte.

Um jene, die als Sklaven gekommen waren, zu befreien und ihnen die Möglichkeit zu geben, nach Gleichberechtigung zu streben, brauchte es erst einen Bürgerkrieg und eine Bürgerrechtsbewegung.

So lange es die Vereinigten Staaten von Amerika gibt, hat es friedliche und weniger friedliche Bestrebungen gegeben, das in der Verfassung garantierte Versprechen von Gleichberechtigung und Freiheit einzulösen.

Die Vereinigten Staaten sind natürlich noch nicht vollkommen. Wir arbeiten noch immer daran, diese Versprechen einlösen zu können.

Das bedeutet, dass wir sicherstellen müssen, dass alle Menschen an jedem Ort in den Vereinigten Staaten in einem Umfeld leben und arbeiten können, in dem Unterschiede und Ähnlichkeiten respektiert, geschätzt und begrüßt werden.

Das bringt mich zum Thema unseres heutigen Gesprächs und zu dem, was Sie hier in Berlin-Neukölln tun, um sicherzustellen, dass ihre Gemeinde auch ein Ort ist, an dem Vielfalt als Chance und nicht als Herausforderung betrachtet wird.

Ich glaube, dass das Konzept der Gemeinschaft unerlässlich für jede Migrations- und Integrationsdebatte ist.

Präsident Kennedys Beschreibung der Vereinigten Staaten als Land der Einwanderer war auch eine Beschreibung der Gemeinden, von denen diese Immigranten ein Teil wurden – und das war nicht immer ein einfacher Prozess.

In den Anfangstagen der jungen amerikanischen Republik beklagte sich beispielsweise Benjamin Franklin, einer der Gründerväter, über die wachsende Zahl Deutscher, von denen er glaubte, dass sie andere Werte und sogar ein anderes Aussehen hätten.

Dieses Misstrauen und diese Ambivalenz setzten sich bei den folgenden Einwanderungswellen fort: der irischen, italienischen, osteuropäischen und lateinamerikanischen.

Meine eigenen Vorfahren kamen aus Irland nach Amerika.

Mitte der Vierzigerjahre des 19. Jahrhunderts waren Kartoffelfarmen in ganz Irland von einer Kartoffelfäule betroffen.

Von insgesamt acht Millionen Menschen starb eine Million an Hunger und Krankheiten und mindestens eine weitere Million Menschen emigrierte – die meisten von ihnen nach Amerika.

Amerikanische Einwanderungsunterlagen belegen, dass bis 1850 ganze 43 Prozent der nicht in Amerika geborenen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten irischer Abstammung waren. Sie waren die Flüchtlinge ihrer Zeit, die ärmsten aller Einwanderer. Das Leben war hart, und sie mussten täglich ums Überleben kämpfen.

1847 hatte Boston, meine Heimatstadt, etwa 115.000 Einwohner. Als 37.000 irische Katholiken ankamen, wuchs die Stadt um mehr als ein Viertel. Viele der ursprünglichen Einwohner Bostons waren Nachkommen englischer Puritaner, die stolz waren, ihre amerikanischen Vorfahren bis 1620 zurückverfolgen zu können.

Etwa 230 Jahre später, in den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts, erlebte ihre Stadt eine „soziale Revolution“.

Die „echten“ Bostoner zeigten mit dem Finger auf die ersten irischen Einwanderer und lachten sie aus. Sie assimilierten – oder, wie wir heute sagen würden – integrierten sich häufig nur sehr langsam.

Ebenso fiel es den Amerikanern manchmal schwer, sie zu akzeptieren, stattdessen beurteilten sie sie nach den Klischees, die sie aus Karikaturen kannten.

Irische Einwanderer wurden in der Presse manchmal als „Ausländer“ beschrieben, die stupide ihren katholischen Geistlichen folgten, anstatt Amerika gegenüber Loyalität zu zeigen. Diese Probleme wurden, was ja meist für große Probleme gilt, nicht schnell oder einfach überwunden, aber sie wurden überwunden.

Der außergewöhnlichste Nachkomme dieser Welle irischer Einwanderer war John F. Kennedy, dessen Urgroßvater Irland 1849 verlassen hatte.

Zwar hatten auch andere Präsidenten irische Wurzeln, aber John F. Kennedy war der erste römisch-katholische Präsident. Seine Wahl im Jahr 1960 bedeutete für Millionen irisch-katholischer Amerikaner ein Ende des jahrhundertelangen Kampfes um vollständige Anerkennung in den Vereinigten Staaten.

Vor beinahe drei Jahren endete ein weiterer historischer Präsidentschaftswahlkampf.

U.S. Senator Barack Obama wurde zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt.

Obamas Wahl war aus einer Reihe von Gründen außergewöhnlich:.

Einer war beispielsweise die Botschaft, die er über Vielfalt in den Vereinigten Staaten und die Rolle der „Identität“ in unserer Politik – und in unserem Leben – aussendete.

Wie Sie wahrscheinlich wissen, stammt der Vater von Präsident Obama aus Kenia und ist schwarz, seine Mutter ist weiß und kommt aus Kansas.

Obama hat eine Halbschwester, die teilweise indonesische Wurzeln hat und mit einem Kanadier chinesischer Abstammung verheiratet ist.

Obama hat darüber hinaus kenianische Halbbrüder und -schwestern in Kenia und Europa, von denen eine hier in Deutschland studiert hat.

Die Vorfahren von Michelle Obama, der Frau des Präsidenten, waren Sklaven.

Wie der U.S. Präsident so schön sagt: Familientreffen der Familie Obama wirken manchmal so, als kämen die Vereinten Nationen zusammen.

Die Wahl von Präsident Obama war ein weiterer Schritt auf dem langen Weg Amerikas bei der Bewältigung der Herausforderungen, die mit Vielfalt und Integration einhergehen.

Wie Präsident Obama selbst oft gesagt hat – und ich zitiere –: „Wir können uns entscheiden, uns über unsere Unterschiede zu definieren und uns in eine Zukunft des Misstrauens fügen. Oder wir können uns entscheiden, den schweren Weg zu wählen und Gemeinsamkeiten zu finden.“

Wenn wir über starke Gemeinden sprechen, die zusammenhalten, bedeuten Gemeinsamkeiten weit mehr als nur Toleranz. Es geht vielmehr um die Schaffung von Gemeinden und einer Gesellschaft, in der das, was wir gemeinsam haben, wichtiger ist als unsere Unterschiede.

Man könnte annehmen, dass die Vereinigten Staaten mit ihrer Geschichte als Einwanderungsland und ihrem historischen Engagement für Gleichberechtigung zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr über Immigration und Integration debattieren würden.

Aber weit gefehlt!

Warum?

In Zeiten zunehmender Globalisierung, wirtschaftlichen Abschwungs und Problemen bei der nationalen Sicherheit sowie einer weltweiten Migration ungeahnten Ausmaßes – insbesondere auch in die Vereinigten Staaten – scheint die amerikanische Gesellschaft Neuankömmlinge nicht mit offenen Armen zu empfangen und ihnen manchmal sogar feindlich gesinnt zu sein.

Um als Nation aber weitere Fortschritte zu machen, müssen wir vermehrt Anstrengungen unternehmen, Einwanderer in das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Gefüge der Gesellschaft zu integrieren, nicht weniger.

Von den circa 311 Millionen Einwohnern der Vereinigten Staaten wurden 39 Millionen im Ausland geboren.

Von diesen 39 Millionen im Ausland geborenen Einwohnern wurden 17 Millionen eingebürgert, 11 Millionen erhielten entweder eine Daueraufenthaltsgenehmigung oder sind nur vorübergehend ansässig, wie beispielsweise Studenten, und die verbleibenden schätzungsweise 11 Millionen sind ohne Papiere im Land.  Das bedeutet, sie haben keine Berechtigung in den Vereinigten Staaten zu leben oder zu arbeiten.

Die aktuelle Debatte über Immigration dreht sich überwiegend um diese „illegalen“ Einwanderer ohne Papiere.

Es stimmt, dass in den Vereinigten Staaten viel über eine dringend benötigte Reform der Einwanderungsgesetze gesprochen wird. Die Einwanderungsgesetzgebung in den Vereinigten Staaten ist sehr komplex. Eine begrenzte Anzahl Visa, relativ hohe Bearbeitungsgebühren und ein langer  Bearbeitungsrückstand stellen Probleme dar.

In der hitzigen Debatte über die so genannten „illegalen“ Einwanderer vergisst mein Land manchmal, dass die große Mehrheit der im Ausland geborenen Einwohner auf legalem Wege in die Vereinigten Staaten eingereist ist.

Die politischen Debatten über Migranten ohne Papiere trüben oft den Blick für die wichtige Tatsache, dass sich die meisten Immigranten einbürgern lassen. Das macht ihre Integration in die Nachbarschaft und Gemeinden, in denen sie leben, so wichtig.

Dies wird sogar noch dringlicher, da die Einwanderung in die Vereinigten Staaten in den vergangenen 60 Jahren stetig zugenommen hat.

Die Vereinigten Staaten nehmen gegenwärtig jedes Jahr mehr als eine Million neue legale Einwanderer auf.

In den vergangenen Jahrzehnten ließ sich die Mehrzahl der Einwanderer in Bundesstaaten wie Kalifornien, Illinois, Texas, New York und Florida nieder.

Aber mit der stetigen Zunahme der Zuwanderung wurden viele Bundesstaaten, Städte und Gemeinden, die im vergangenen Jahrhundert keine oder kaum Immigration erlebt hatten, ebenfalls zu Toren in die Vereinigten Staaten.

Die sieben Staaten in denen die Veränderungen zwischen 1990 und 2009 am schnellsten vor sich gingen, waren North Carolina, Georgia, Arkansas, Nevada, Tennessee, South Carolina und Nebraska. In jedem dieser Staaten ist die Zahl der Immigranten in den vergangenen 20 Jahren um mindestens 200 Prozent gestiegen.

Darüber hinaus zieht es die Einwanderer überall in Amerika proportional gesehen eher in kleine Städte und Vororte als in große Metropolen.

In vielen Städten lassen sich Immigranten in den Vororten und nicht in den traditionellen innerstädtischen Enklaven nieder, von deren ethnischer Zusammensetzung wir immer noch ein bestimmtes Bild haben, und diese Vororte werden zu den neuen multiethnischen Gemeinden.

Die Gemeinden dort setzen sich mit neuen Sprachen, Kulturen, religiösen Praktiken, Verpflichtungen und einem neuen Ressourcenbedarf auseinander.

Zur Realität, mit der sie konfrontiert werden, gehört: Eine Vielzahl an Sprachen in den Schulen, der Bedarf an Dolmetschern in Kreiskrankenhäusern und bei Gerichten oder die Anpassung des Arbeitsplatzes an religiöse Praktiken, um nur einige Dinge zu nennen.

Dieses Phänomen der nicht mehr auf bestimmte Regionen beschränkten Einwanderung hat Einfluss auf die Debatte über Integration in den Vereinigten Staaten.

Diese Entwicklungen stehen für einen Teil des tiefgreifenden demographischen Wandels, den die Vereinigten Staaten als Ganzes derzeit erleben.

Im Jahr 2050 wird es in den Vereinigten Staaten keine ethnische Mehrheit mehr geben.

Es wird damit gerechnet, dass sich der hispanischstämmige Bevölkerungsanteil bis dahin fast und der asiatischstämmige mehr als verdreifacht, und dass der afroamerikanische Bevölkerungsanteil um 71 Prozent anwachsen wird.

Dabei ist zu beachten, dass diese demographischen Veränderungen, vielmehr von den Kindern der Einwanderer als von den Einwanderern selbst vorangetrieben werden.

Eins von vier Kindern in den Vereinigten Staaten ist selbst eingewandert oder entstammt einer Einwandererfamilie.

Es gibt sechs Mal so viele Kinder von Einwanderern der zweiten Generation als Kinder der ersten Generation. Da sie in den Vereinigten Staaten geboren wurden, sind sie amerikanische Staatsbürger. Diese Kinder wachsen in einem Umfeld auf, das davon geprägt ist, wie gut sich ihre Eltern in die Vereinigten Staaten integrieren können.

Die Lage in Deutschland ist ähnlich:

Laut den neuesten Daten des Statistischen Bundesamts ist jedes dritte Kind selbst eingewandert oder stammt aus einer Einwandererfamilie. Diese Kinder werden ebenfalls in einem Umfeld aufwachsen, das davon geprägt ist, wie gut sich ihre Eltern – und sie selbst – in die deutsche Gesellschaft integrieren können.

Wir haben gelernt, dass eine sich ändernde Demographie jeden Aspekt des Lebens in der Gemeinschaft beeinflusst – das gilt für unsere beiden Länder. 

Lösungen für die neuen Herausforderungen, die diese Veränderungen mit sich bringen, können oftmals nur in den Gemeinden und von ihnen selbst gefunden werden. Ich bin aber überzeugt, dass die Erfahrungen vor Ort zu umfassenden Lösungen für Gemeinden in unserem Land und überall auf Welt führen können.

Herr Malter, für mich ist diese Veranstaltungsreihe ein Aufruf zum Handeln im Sinne dieses breiter gefassten Engagements.

Natürlich funktionieren dieselben Strategien nicht in allen Gemeinden auf dieselbe Art und Weise.

Lokale Programme, die sich natürlich entwickelt haben, sind per definitionem auf die Gegebenheiten vor Ort zugeschnitten und gehen auf die besonderen Bedürfnisse dieser Gemeinden ein. Aber es gibt immer etwas, das wir von anderen lernen können.

Bürgermeister Buschkowsky, ich möchte zum Beispiel etwas über die Situation hier in Berlin-Neukölln dazulernen, über das, was funktioniert oder nicht funktioniert hat.

Meinen Dolmetschern kann ich nur sagen: Ich weiß, dass ich immer noch einiges zu lernen habe, wenn es darum geht, Deutsch zu sprechen. Und das versuche ich auch. Aber keine Sorge, ich werde jetzt auf Englisch weitermachen.

Es ist wichtig, dass wir die Unterschiede zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen überbrücken. 

Einwanderer sind ein integraler Bestandteil des sozialen und kulturellen Gefüges unserer Gesellschaft. 

In den Vereinigten Staaten war der so genannte „melting pot“, der Schmelztiegel, das Modell, mit dem man gemessen hat, ob Einwanderer sich assimilieren können oder ob sie von der amerikanischen Gesellschaft assimiliert werden können. 

Heute sind das Konzept der Assimilation und die Metapher des so genannten „melting pot“, des Schmelztiegels, vom Konzept der Integration und dem Bild eines gemischten Salates oder eines bunten Eintopfes abgelöst worden. 

Vor einigen Jahren verglich der Bürgerrechtler Reverend Jesse Jackson Amerika mit einem Gemüseeintopf, in dem jede Zutat ihr eigenes Aroma und ihre eigene Form behält.  Mit der Eindickung des Eintopfes gewinnt er an Aroma, weil jede einzelne Zutat ihren einzigartigen Geschmack mitbringt. 

Assimilation impliziert, dass eine Minderheit der vorherrschenden ethnischen oder kulturellen Gruppe ähnlich werden muss. 

Integration hingegen ist ein beiderseitiger Prozess, in dem Neuankömmlinge wie auch Einheimische gemeinsam die Verantwortung für das Wohlergehen des Anderen und der Gemeinschaft tragen. 

Integration ist ein dynamischer Prozess des Gebens und Nehmens. 

Im Idealfall entwickeln sich beide Bevölkerungsgruppen weiter und schaffen ein großes Ganzes, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Einwanderer sind nicht einfach „die“ und Immigration ist nicht „ihr Problem“. 

„Wir“ sitzen alle im gleichen Boot.

In den Vereinigten Staaten legen die Organisationen, die mit Immigranten zusammenarbeiten, normalerweise großen Wert auf Englischkurse, die Integration am Arbeitsplatz und die Vorbereitung auf die Einbürgerung. 

Daran hat sich nichts geändert. 

Diese Angebote gibt es immer noch. 

Aber wir haben gelernt, dass wir für ein gutes Klima in der Gemeinschaft die Zusammenarbeit von beiden Seiten, den Einheimischen wie den Einwanderern, brauchen. 

Wie sollen Einwanderer sich erfolgreich integrieren, wenn sie sich nicht willkommen fühlen oder ihre Nachbarn nicht bereit sind, sie zu akzeptieren? 

Wie können wir von den Einheimischen erwarten, dass sie die Einwanderer willkommen heißen, wenn niemand ihre Sorgen und Ängste über das sich ändernde Leben in der Gemeinschaft auffängt? 

Diejenigen, die in den Gemeinden arbeiten, wie die Stadtteilmütter hier in Neukölln, verstehen, wie wichtig es ist, sozialen Austausch und bürgerliches Engagement zu fördern.

Immigration kann Gemeinden eine Reihe von Vorteilen bringen.

Diese Vorteile kommen aber nicht von selbst.

Oftmals sind sie das Ergebnis mühsamer Arbeit und großen Engagements vieler Menschen und Institutionen.

Es ergeben sich beispielsweise lokale und regionale Vorteile in der Wirtschaft.

In den Vereinigten Staaten haben Immigranten den wirtschaftlichen Niedergang umgekehrt und Städten, Gemeinden und Dörfern neues Leben eingehaucht.

Erfolgreiche Integration kann der Schlüssel für Unternehmertum und zukünftiges Wirtschaftswachstum sein.

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass in Ländern, die sich vermehrt auf die Integration von Immigranten konzentrieren, mehr Unternehmen gegründet werden und Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft stärker sind.

Es ist also unerlässlich, dass wir bei der Entwicklung einer Integrationspolitik verstehen, wie Gesetze auf Bundes- oder Landesebene Integration fördern oder erschweren können.

Aber es gibt noch weitere Vorteile, die eine erfolgreiche Integration für eine Gesellschaft mit sich bringt.

Diese Vorteile hängen ebenso von den Menschen wie von der Regierung ab – auf staatlicher, regionaler und lokaler Ebene.

Ich spreche von Vorteilen für das Sozialkapital. In der Theorie des Sozialkapitals spielen Beziehungen eine entscheidende Rolle.

Durch Interaktion miteinander können Menschen eine Gemeinschaft aufbauen, sich füreinander einsetzen und das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Gefüge einer starken Gemeinschaft schaffen.

Zu Beginn seiner Präsidentschaft hat Barack Obama die Schaffung eines sozialen Innovationsfonds angekündigt, mit dessen Hilfe Startkapital gebildet wird, um die vielversprechendsten, ergebnisorientierten, gemeinnützigen Programme des Landes zu unterstützen.

Dies ist eine neue Art und Weise, wie die Regierung tätig werden kann – sie spiegelt die Herangehensweise des U.S. Präsidenten an das Regieren sowie seine Erfahrungen als Community Organizer wider.

Präsident Obama möchte die besten Innovationen im sozialen Bereich identifizieren.

Obama möchte mit denen, die in ihren Gemeinden den Wandel anführen, zusammenarbeiten.

Obama möchte die politischen Rahmenbedingungen schaffen, damit diese Innovationen sich voll entfalten können. So kann man neue Lösungen für alte Probleme finden.

Aber es geht nicht nur darum, dass die Regierungen nach Lösungen suchen.

Bürgermeister Buschkowsky, wie Sie wissen, muss die Regierung mit am Tisch sitzen, da sie Verantwortung für Bereiche trägt, die im Leben aller Bürger eine Rolle spielen.

Ich spreche hier von Schulen, Gesundheitsfürsorge und Polizeiarbeit.

Herr Malter, der Privatsektor muss ebenfalls mit am Tisch sitzen.

Aber der wichtigste Bestandteil sind die Menschen selbst.

In der Theorie des Sozialkapitals geht es vor allem darum, Kontakt zwischen den Menschen innerhalb einer Gemeinde herzustellen.

Netzwerke verbinden häufig Menschen miteinander, die bereits miteinander in Kontakt stehen oder gemeinsame Vorlieben und Interessen im Rahmen ihrer Gemeinschaft haben.

Sozialwissenschaftler nennen sie die „bonding networks“.

Veränderung beginnt aber erst dann, wenn diese Netzwerke über gemeinsame Interessen hinausgehen und Menschen zusammenführen, die normalerweise nicht miteinander kommunizieren.

Um Vertrauen und einen Sinn für Gemeinschaft aufzubauen, bedarf es persönlicher Begegnungen.

Im Laufe der Zeit wird aus dem Vertrauen zwischen Fremden ein tiefergehendes Vertrauen in den Anderen und in die sozialen Institutionen.

Schließlich wird daraus eine gemeinsame Wertegrundlage mit gemeinsamen Tugenden und Erwartungen einer ganzen Gesellschaft.

In den Vereinigten Staaten haben die Menschen als Ergebnis dieses Prozesses gelernt, dass sich die Hoffnungen und Träume, die sie für ihre Familien und besonders für ihre Kinder haben, sehr stark ähneln – unabhängig davon, woher die Menschen kommen, welche Hautfarbe sie haben oder woran sie glauben mögen.

Ein Neuankömmling ist nicht mehr „der da“, sondern wird zu „einem von uns“.

Ohne diese Form der Interaktion kann kein Vertrauen aufgebaut werden und durch einen Mangel an Vertrauen können ernstzunehmende soziale Probleme entstehen.

In den Vereinigten Staaten gibt es zahlreiche Anzeichen dafür, dass in Gemeinden mit gutem Sozialkapital die Kriminalitätsrate niedriger, die Gesundheitsfürsorge besser, die Bildungschancen größer und das Wirtschaftswachstum höher sind.

In der Botschaft können wir selbst mitverfolgen, wie durch Austauschprogramme Sozialkapital zwischen Ländern geschaffen werden kann.

Wir arbeiten sehr intensiv daran, neue Programme zu entwickeln, mit denen wir Unterschiede überbrücken und junge Menschen erreichen können, die sich sonst nicht für so ein Programm qualifizieren könnten und sich daher für traditionelle Austauschprogramme nicht bewerben.

Wir hoffen und erwarten, dass die Teilnahme an diesen neueren Austauschprogrammen, bei denen auch soziale Arbeit eine Rolle spielen kann, ein Anreiz für sie sein wird, nach Höherem zu streben und Gutes zu tun.
Auch in diesem Bereich verfügen wir über Daten, die zeigen, dass dies tatsächlich möglich ist.

Die First Lady der Vereinigten Staaten, Michelle Obama, ist in einer Arbeiterfamilie in Chicago aufgewachsen.

Durch Stipendien und Zuschüsse konnte Michelle Obama in Princeton und an der juristischen Fakultät in Harvard studieren.

Michelle Obama ist für Mädchen auf der ganzen Welt zum Vorbild geworden. Mädchen schauen zu ihr auf und sehen, dass sie mehr erreichen können, als das, was die Gesellschaft von ihnen erwartet.

"Alles ist möglich".

Das ist Teil der Vision, von der Martin Luther King jr. in seiner großen „Ich habe einen Traum“–Rede sprach, als er sagte, dass „unsere Kinder eines Tages nicht mehr nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden“.

Trotz der zugegebenermaßen alles andere als vollkommenen Vergangenheit der Vereinigten Staaten im Hinblick auf Freiheit und Gleichberechtigung aller Bürger haben wir in den vergangenen 50 Jahren seit der Veröffentlichung des Buches „Eine Nation der Einwanderer“ von John F. Kennedy und seit der Rede Martin Luther Kings auf den Stufen des Lincoln Memorial vor 250.000 Menschen große Fortschritte gemacht.

Am Wochenende weihte Präsident Obama das neue Denkmal für Martin Luther King auf der National Mall in Washington ein.

Es steht zwischen dem Lincoln-Memorial und dem Jefferson-Memorial, wo an einem Tag im August 1963 eine Million Menschen mit Martin Luther King marschierten.

Präsident Obama würdigte die Errungenschaften von Dr. King und all jener, die sich so sehr für Veränderungen eingesetzt haben.

Präsident Obama erinnerte auch daran, dass die Arbeit von Dr. King noch nicht beendet ist.

Wir sind noch nicht am Ziel.

Dr. King wollte zu seiner Zeit das, was er die „Istheit” von heute nannte, nicht akzeptieren. Er drängte immer auf eine „Sollheit“ von morgen.

In meinem Land gibt es, trotz der Tatsache, dass die Menschen durch die striktesten Gesetze der Welt gegen Diskriminierung geschützt werden, immer noch Diskriminierung.

Die Gesetze für Gleichberechtigung garantieren, dass keinem rechtmäßig in meinem Land lebenden Menschen aufgrund der Herkunft oder der Staatsangehörigkeit Chancen verwehrt werden dürfen.

Religiöse und ethnische Diskriminierung ist in allen Lebensbereichen illegal.

Dennoch gibt es Tag für Tag Vorfälle in meinem Land, die mit Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Geschlecht oder Alter zu tun haben – und ich vermute, dass es das in Deutschland auch gibt.

Diese Vorfälle spiegeln eine grundlegende Missachtung der Ideale der Gleichberechtigung wider, auf deren Basis unsere beiden Länder gegründet wurden, obwohl ihre Geschichte sehr unterschiedlich verlaufen ist.

Die Kränkungen, die Engstirnigkeit verursacht, sind oftmals nicht sichtbar, richten aber dennoch Schaden an.

Jedes Mal, wenn sich so ein Vorfall ereignet, wird dem Opfer ein Teil seiner Menschenwürde, seiner Selbstachtung, seines Stolzes und seiner Zuversicht genommen und in vielen Fällen durch Wut und Ressentiments ersetzt.

Wir wissen, dass sich diese Wut und diese Ressentiments mit Armut – und schlimmer noch – Gewalt und Extremismus zu einer hochexplosiven Kombination verbinden können, wenn wir dieses Problem nicht angehen.

Was werden wir dagegen unternehmen?

Wie ich bereits gesagt habe, ist die First Lady Michelle Obama stolz darauf, ein Vorbild sein zu können.

Michelle Obama sagt – und ich zitiere: „Wir dürfen niemals vergessen, dass jeder von uns die Kraft hat, die Welt für jemand anderen zu ändern – und wir sollten auch keine Angst haben, es zu versuchen.“

Ihnen allen möchte ich heute sagen:

Unterschätzen Sie niemals, was Sie und ich tun können, um mehr Toleranz und gegenseitiges Verständnis bei uns zuhause und auf der ganzen Welt zu schaffen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Den Originaltext der Rede des Botschafters der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland, Philip D.   Murphy finden Sie hier:





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