Donnerstag, 17. Februar 2011

Pressestatements der deutschen Bundeskanzlerin Merkel, des deutschen Bundesaußenminister Westerwelle und Bundesfinanzminister Schäuble zum Personalwechsel bei der Bundesbank



Deutsche Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: 

Meine Damen und Herren, ich habe heute Morgen den Herrn Bundespräsidenten telefonisch davon unterrichtet, dass ich beabsichtige ‑ besser gesagt: die gesamte Bundesregierung ‑, ihm vorzuschlagen, Herrn Dr. Jens Weidmann, Ministerialdirektor im Bundeskanzleramt und Leiter der Abteilung "Wirtschaft und Finanzpolitik", zum 1. Mai 2011 zum neuen Präsidenten der Deutschen Bundesbank zu ernennen. 

Darüber hinaus habe ich ihm auch mitgeteilt, dass Sabine Lautenschläger, die Exekutivdirektorin für den Geschäftsbereich Bankenaufsicht in der BaFIN, nach dem Ausscheiden von Herrn Zeitler Ende Mai  2011 zur Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank zu benennen sei. 

Anschließend habe ich diese Entscheidung natürlich auch den Koalitionsfraktionen mitgeteilt, wir haben sie dem gesamten Kabinett mitgeteilt, und ich habe auch telefonisch mit den Oppositionsfraktionen darüber gesprochen.

Jeder, der Jens Weidmann kennt, weiß, dass er über höchste Sachkompetenz verfügt, dass er einen brillanten Intellekt hat, dass er ein unabhängiger Kopf ist.

Nur so konnte er seine wichtigen Aufgaben in den letzten fünf Jahren hier im Bundeskanzleramt erfüllen.

Sie wissen alle, dass dies besonders schwierige Aufgaben waren, insbesondere in der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise.

Zum Schluss war er als Sherpa auch mein persönlicher Beauftragter für die G8 und die G20.

Mit diesen Fähigkeiten, seinen Gaben und auch seinem ganzen Wesen wird er ‑ davon sind wir alle drei hier überzeugt ‑ ein ausgezeichneter Präsident der Bundesbank werden, und er wird ein Vertreter für Deutschland werden, der seine Stimme für eine Stabilitätskultur auch in der Europäischen Zentralbank erheben wird. Damit wird er also auch ureigenste deutsche Interessen vertreten.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch dem jetzigen Bundesbankpräsidenten, obwohl er noch einige Zeit lang im Amt sein wird, ganz herzlich für seine Tätigkeit danken; denn auch er hat sich während seiner gesamten Amtszeit immer für genau diese Stabilitätskultur, die für uns so wichtig ist, eingesetzt.

Herr Weidmann wird, wie es die Anforderungen an sein zukünftiges Amt mit sich bringen, mit dem heutigen Tag seine Arbeit als Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt beenden.

Ich will ganz persönlich sagen: Der Abschied von ihm fällt mir schwer, sowohl in fachlicher Hinsicht als auch in menschlicher Hinsicht; denn wir haben immer sehr gut zusammengearbeitet.

Im Bundeskanzleramt wird für einen nachhaltigen und schnellen Übergang gesorgt. Der Volkswirt Dr. Uwe Corsepius, der jetzige Europa-Abteilungsleiter, wird bis zu seinem Ausscheiden im Juni, 2011 wenn er als Generalsekretär des Europäischen Rates nach Brüssel gehen wird, die Abteilung "Wirtschaft und Finanzpolitik" führen, und Herr Meyer-Landrut wird als Europa-Abteilungsleiter arbeiten.
Ich darf sagen, dass mit Sabine Lautenschläger dann ab Juni  2011 eine erfahrene Bankenaufseherin aus der BaFIN auf den Platz der Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank wechseln wird, eine Frau und jemand, der über weite Erfahrungen verfügt, die gerade auf diesem Posten des Vizepräsidenten so wichtig sind, weil es hierbei auch um die Aufgabe der Bankenaufsicht geht.
Insgesamt haben wir bei der Personalentscheidung alle Optionen bedacht und sie uns überlegt. Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass wir ein gutes Personalpaket für die Deutsche Bundesbank gefunden haben, einer Institution von nationaler Bedeutung, aber auch einer wichtigen Stimme im Kampf und beim Eintreten für einen stabilen, starken Euro. - Das wollte ich Ihnen gerne mitteilen.

Deutscher Bundesaußenminister und Vizekanzler Dr. Guido Westerwelle: 

Das wichtigste Ziel ist, dass wir eine unabhängige und starke Bundesbank haben, die auch für einen starken Euro sorgen kann.

Deswegen ist das Entscheidende bei der Auswahl dieser Personalvorschläge auch gewesen, dass es hochanerkannte und hochkompetente Experten sind.

Deswegen ist hiermit auch eine wirklich bedeutende, aber streng an der Qualität ausgerichtete Entscheidung getroffen worden.

Wir freuen uns natürlich auf die Zusammenarbeit mit beiden in ihren neuen Funktionen wie auch mit dem kompletten Direktorium insgesamt.

Zu Herrn Weidmann hat die deutsche Bundeskanzlerin bereits einiges gesagt.

Er ist natürlich auch den meisten durch seine bisherige Tätigkeit bekannt. Ich will noch etwas zu Frau Lautenschläger sagen:

Damit wird auch das Thema Bankenaufsicht bei der Bundesbank gestärkt; denn Frau Lautenschläger ist ja bisher bei der BaFIN eine Expertin für die Bankenaufsicht gewesen.

Das ist natürlich auch eine wichtige politische Weichenstellung.

Die Geldwertstabilität ist bei der Bundesbank in besten Händen, und deshalb ist auch diese Personalentscheidung von großer Bedeutung. Sie stärkt die Bundesbank insgesamt.

Natürlich ist es so, dass durch den Rücktritt des bisherigen Bundesbankpräsidenten die Abläufe etwas anders sind, als man es sonst kennt.

Aber ich denke, vor dem Hintergrund dieser Entscheidung von Herrn Prof. Axel Weber ist dies eine zügige und eine hochkompetente Auswahl, die hier getroffen worden ist.
Wir müssen dabei berücksichtigen, dass es nicht nur um unsere Deutsche Bundesbank geht.

Es geht natürlich auch darum, dass wir unverändert das Ziel haben, bei der Europäischen Zentralbank unseren Einfluss mit unserer Stabilitätskultur als Deutsche wahrzunehmen. Auch das galt es zu berücksichtigen.

Wir haben unsere Ambitionen in Europa, bei der Europäischen Zentralbank, natürlich nicht aufgegeben, sondern wir wollen einen gemeinsamen Beitrag dafür leisten, dass sich die Stabilitätskultur, die Deutschland über Jahrzehnte hinweg geprägt hat, selbstverständlich auch auf Europa überträgt und in Europa fortgesetzt werden kann.

Deutscher Bundesfainanzminister Wolfgang Schäuble: 

Eigentlich muss ja nicht alles dreimal gesagt werden. Dies ist eine gute Personalentscheidung. Das Kabinett wird in der kommenden Woche den formellen Beschluss fassen.
Im europäischen Bereich gilt das, was die deutsche Bundeskanzlerin immer gesagt hat:

Wir werden uns zunächst mit den Sachentscheidungen im Sinne der mittelfristigen Stabilisierung des Euro beschäftigen, und wenn die getroffen sind, dann werden die Personalentscheidungen getroffen. Dabei wird es auch gute Entscheidungen geben.

Fragen von Journalistinnen und Journalisten:

Herr Westerwelle, in Ihrer Fraktion gab es Vorbehalte gegen einen so schnellen Wechsel von Herrn Weidmann an die Spitze der Bundesbank und auch grundsätzlich gegen Herrn Weidmann. Sind die ausgeräumt?
Antwort BM Westerwelle: Unsere Experten in der Fraktion ‑ ich denke zum Beispiel nicht nur an die Fraktionsvorsitzende Homburger, sondern auch an die Kollegen, an Herrn Fricke und Herrn Wissing, aber auch mit dem Kollegen Solms habe ich mich natürlich darüber ausgetauscht ‑ sind von der Qualität beider Vorschläge überzeugt. Ich glaube, dass man sie auch nicht in Zweifel ziehen kann.

Für mich ist eine Sache vom Werdegang her natürlich klar: Wenn es diesen Rücktritt nicht gegeben hätte, dann würde man sicherlich auch über längere Zeiträume hinweg Dinge anders planen können. Aber der Rücktritt ist nun einmal geschehen, die Ankündigung ist da, und deswegen galt es auch, zügig zu entscheiden. Wir können uns bei so einer heiklen Phase, wenn es um die Währung, die Währungsstabilität und um die Zukunft des Euro geht, nicht eine lange Hängepartie leisten, sondern es muss zügig und beherzt entschieden werden. Das ist richtigerweise auch genau so geschehen.
Ich selbst will hinzufügen: Ich habe auch großen Wert darauf gelegt, dass mit Frau Lautenschläger eine hochkompetente Expertin diese Aufgabe übernimmt. Dass zum ersten Mal seit Langem ‑ vielleicht sogar überhaupt eine Frau in diese sogenannte Männerdomäne einzieht, ist auch ein Signal, dass man nicht unterschätzen darf.

Frage an die deutsche Bundeskanzlerin: Was ist Ihrer Ansicht nach die hervorstechendste der Eigenschaften von Herrn Weidmann? Was werden Sie vermissen, wenn er nicht mehr im Bundeskanzleramt sein wird?

Antwort BK´in Merkel: Ich glaube, dass Herr Weidmann von seinem ganzen Werdegang her im Bereich der Notenbanken bereits erhebliche Erfahrung hat.
Er war beim IWF, und er war auch Abteilungsleiter in der Deutschen Bundesbank, bevor er ins Kanzleramt gekommen ist.
Ich habe ihn als jemanden kennengelernt, der in heiklen Situationen immer ruhig Blut bewahrt, nach dem Motto "In der Ruhe liegt die Kraft" die Entscheidungen sehr sorgfältig vorbereitet trifft und dann vor allen Dingen auch alle Argumente auf den Tisch legt.
Ich glaube, das ist gerade in der Situation, in der sich die internationalen Finanzmärkte befinden, eine Eigenschaft, die sehr wichtig ist und die auch sehr hilfreich ist. Insofern glaube ich, dass er ein guter Bundesbankpräsident sein wird.

Ich habe nicht umsonst gesagt: Er ist ein unabhängiger Kopf.

Er hört sich Argumente an, aber er weiß dann auch, seine Meinung vorzutragen. Ich glaube, das wird unabhängig von der Position, in der er sich befindet, auch das Merkmal sein.
Wenn jemand von seinem Werdegang her wirklich der Stärke der Währung, aber vor allen Dingen auch dem Gut der Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank und damit auch der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank verpflichtet ist, dann gehört Herr Weidmann zu der Gruppe der Menschen, die das sind.

BM Westerwelle: Wenn ich mir noch erlauben darf, das hinzuzufügen: Herr Weidmann kommt auch aus der Bundesbank. Das sollte man vielleicht fairerweise wirklich noch einmal berücksichtigen.

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