Donnerstag, 27. Januar 2011

"Brücken schlagen im 21. Jahrhundert: Die globale Rolle der deutsch-amerikanischen Partnerschaft" : Rede von Botschafter Philip D. Murphy


Brücken schlagen im 21. Jahrhundert:
Die globale Rolle der deutsch-amerikanischen Partnerschaft
Politisches Forum Ruhr
Essen, 24. Januar 2011

Botschafter Philip D. Murphy

Sehr geehrter Herr Holthoff-Pfoertner,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

herzlichen Dank für die Einladung, heute in dieser wunderschönen Philharmonie in Essen zu Ihnen zu sprechen.

Ich weiß, dass das Politische Forum Ruhr hier im Herzen des Ruhrgebiets eine traditionsreiche Institution ist und weit über die Region hinaus Beachtung findet. Es ist Ihnen immer wieder gelungen, hervorragende Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft nach Essen einzuladen. Ich fühle mich geehrt, dass ich mich heute Abend in diese Tradition einreihen kann.

Gleich zu Beginn des neuen Jahres habe ich also Gelegenheit, mit Ihnen über die globale Rolle der deutsch-amerikanischen Partnerschaft zu diskutieren. Dass Sie heute Abend in so großer Zahl erschienen sind, ist schon überwältigend und gleichzeitig auch ein Beleg dafür, dass Ihnen dieses Thema am Herzen liegt.

Ich möchte auch für die wunderbare musikalische Einleitung durch das Signum Quartett danken, für die Darbietung der Italienischen Serenade und die Variationen zum Thema „Let’s Do it“ von Cole Porter. „Let’s Do it“ ist eigentlich sehr passend, da wir vor einer ganzen Reihe wichtiger und drängender Herausforderungen stehen, die wir anpacken müssen.

Wenn wir uns heute über die verschiedenen Themen und Strategien zur Lösung verständigen, dann sind wir schon mitten in diesem „Let’s Do It.”

Schließlich möchte ich Sie, meine Damen und Herren, um Verständnis bitten, dass ich den Hauptteil meines Vortrags auf Englisch halte. Ich spreche zwar sehr gerne Deutsch, aber das Thema des Abends ist komplex, daher möchte ich Ihnen meine Überlegungen lieber auf Englisch darlegen.

Die Fragen, die sich uns stellen, sind in der Tat komplex und von entscheidender Bedeutung, sowohl für die nationalen Interessen unserer beiden Länder als auch die umfassenderen Interessen der Weltgemeinschaft insgesamt:

Von den Gefahren durch Massenvernichtungswaffen über wirtschaftliche Instabilität bis zum Klimawandel, von gescheiterten und scheiternden Staaten bis zu den Herausforderungen, die sich durch aufstrebende und wieder erstarkende Mächte ergeben – es gibt keinen Mangel an schwierigen und vielschichtigen Themen.

Man könnte tatsächlich leicht zu der Auffassung gelangen, dass keine Generation vor uns jemals vor größeren Herausforderungen stand, aber Tatsache ist – und jeder, der sich mit zeitgenössischer Geschichte befasst, weiß das – dass jede Generation vor schwer lösbaren Problemen und Dilemmas stand, vor außenpolitischen Gefahren und vor echten Chancen.

In dieser Zeit ist es nicht anders. Die Probleme haben sich verändert, aber nicht der Wert effektiver Partnerschaften zwischen Ländern – wie beispielsweise die deutsch-amerikanische Partnerschaft. Seit meiner Ankunft in Deutschland vor ungefähr 18 Monaten habe ich viel Zeit damit verbracht, mit deutschen Studenten über ihre Ansichten zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unserer Partnerschaft zu sprechen.

Ich hoffe immer, dass diese 20-Jährigen nach unseren Gesprächen genauso überzeugt davon sind wie ich, dass die deutsch-amerikanische Partnerschaft noch nie so lebendig und unerlässlich war wie heute.

Ich sage das häufig, aber es zu wiederholen macht diese essenzielle Wahrheit nicht weniger bedeutsam:

Unsere Partnerschaft ist in den vergangenen 70 Jahren gewachsen, wir waren Feinde, Besatzer und schließlich Helfer beim Wiederaufbau, bis eine echte Partnerschaft auf Augenhöhe entstand.

Ermöglicht wurde dies durch die harte Arbeit mehrerer Generationen von Deutschen und Amerikanern:

Schüler, Künstler, Akademiker, Diplomaten, Geschäftsleute und Regierungsmitglieder – sie alle glaubten an die dauerhafte Bedeutung und die einzigartige Qualität unserer Freundschaft, einer Freundschaft, die auf gemeinsamen Werten und Prinzipien basiert.

Wir sind uns nicht immer über die Mittel einig, mit denen ein Ziel zu erreichen ist, aber wir sind selten uneins hinsichtlich unserer Ziele.

Wir haben im Laufe der Jahre auch voneinander gelernt.

Wie Sie weiß auch ich, dass es Zeiten gab, in denen meine Regierung Entscheidungen getroffen hat, mit denen einige Deutsche nicht einverstanden waren, aber diejenigen, die auf die Straßen gingen, waren dennoch an erster Stelle Freunde der Vereinigten Staaten.

Ebenso sind, wie der Präsident klugerweise betonte, Demokraten und Republikaner an erster Stelle Amerikaner.

Es ist kein Geheimnis, dass die Vereinigten Staaten vor einigen innenpolitischen und internationalen Herausforderungen stehen und dass nach den Zwischenwahlen im Kongress im November viele Menschen – innerhalb und außerhalb der Regierung, aber auch innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten – Stillstand vorhergesagt haben, eine Situation, die es der Regierung Obama sehr erschweren würde, bei wichtigen aktuellen Themen Fortschritte zu erzielen.

Die Debatten, die im Wahlkampf geführt wurden – und die Ergebnisse selbst, die Präsident Obama bezeichnenderweise als „Abreibung“ beschrieb – lenkten die Aufmerksamkeit auf das breite Spektrum an Ansichten über mögliche Lösungen.

Aber ebenso wie es in Deutschland eine lebendige und dynamische Mehrparteienlandschaft gibt, gibt es einen Grund dafür, dass es in den Vereinigten Staaten zwei Parteien gibt.

Es gibt echte, weltanschauliche Unterschiede – tief verwurzelte Überzeugungen, für die jede Partei steht.

Erbitterte Auseinandersetzungen sind der amerikanischen Politik nicht fremd.

Rufen Sie sich nur die ursprüngliche Boston Tea Party aus dem Jahr 1773 in Erinnerung.

John Quincy Adams, erster US-Botschafter in Deutschland, sechster US-Präsident sowie langjähriges Mitglied des US-Kongresses, sprach 1841, nachdem er das Weiße Haus verlassen hatte, im Repräsentantenhaus von „dem gigantischen Intellekt, dem Jähzorn, dem unersättlichen Ehrgeiz und dem verderbten Herz von Daniel Webster“, einem seiner politischen Gegner. Als Diplomat hätte er natürlich niemals etwas Derartiges gesagt.

Die tragischen Schüsse in Arizona Anfang dieses Monats haben die Debatte über Parteilichkeit, die erforderliche Höflichkeit und grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten auf ein anderes Niveau gehoben.

Aber schon vor Tucson gab es ein aus den Wahlen hervorgegangenes Maß an Verantwortungsbewusstsein, das ein gutes Vorzeichen für Zusammenarbeit ist – und Zusammenarbeit ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir bei aktuellen Problemen Fortschritte erzielen wollen.

Denn, und ich möchte wieder Präsident Obama zitieren, die amerikanische Bevölkerung hat weder im vergangenen November, noch im November 2008 oder bei den Wahlen in den Jahren zuvor für Stillstand oder Parteienwirtschaft gestimmt.

Sie haben Politiker gewählt und werden auch wieder Politiker wählen, die sich nicht auf ihren eigenen Arbeitsplatz als Präsident, Gouverneur, Kongressabgeordneter oder in irgend einer anderen gewählten Funktion konzentrieren, sondern auf Arbeitsplätze für die Bürger unseres Landes.

Verantwortungsbewusste Regierungsangehörige und Politiker tragen gemeinsam Verantwortung für ihre Wähler und Wahlkreise. Das bedeutet, bezüglich der Herausforderungen, vor denen unser Land steht, muss eine gemeinsame Basis gefunden werden.

Ich bin der Meinung, dass Präsident Obama seit den Wahlen im November genau das getan hat. Er hat seine Fähigkeit bewiesen, einen überparteilichen Konsens zu bilden.

Wie er in den vergangenen drei Monaten und den vergangenen zwei Jahren schon oft gesagt hat, ist er bereit, mit jedem aus den beiden Parteien zusammenzuarbeiten, der gute Vorschläge hat und sich dafür engagiert, sie umzusetzen.

Wenn man also die vielen Vergleiche betrachtet, die zwischen der Zeit nach den Zwischenwahlen jetzt und früherer Regierungen gezogen wurden, denke ich, man kann durchaus sagen, dass es sich um die produktivste Phase nach Zwischenwahlen handelt, die wir seit Jahrzehnten erlebt haben.

Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen die Vereinigten Staaten stehen, würde ich sogar so weit gehen zu sagen, dass diese Erfolge auf die beiden produktivsten ersten Jahre einer neuen Regierung folgen, die es seit Jahrzehnten gegeben hat.

Die Hauptsorge der Amerikaner gilt gegenwärtig der Volkswirtschaft.

Sie wollen, dass die Politiker sich auf Strategien einigen, die die wirtschaftliche Erholung beschleunigen und die Menschen wieder in Arbeit bringen.

Sie wollen auch, dass die Regierung das langfristige Defizit bekämpft, das einen dunklen Schatten auf unsere Zukunft wirft.

In den vergangenen Wochen haben Demokraten und Republikaner tatsächlich über Parteigrenzen hinweg ein Maßnahmenpaket mit Steuersenkungen und einer Arbeitslosenversicherung verabschiedet, das Arbeitsplätze schaffen sowie Unternehmen und Wachstum fördern wird.

Über die Steuersenkungen gibt es noch immer unterschiedliche Meinungen.

Die Debatte ist noch nicht beendet und wird 2011 fortgesetzt werden. Viele Demokraten, darunter auch der Präsident, sind nicht der Meinung, dass Steuersenkungen für Bürger über einer gewissen Einkommensgrenze bei wachsendem Defizit sinnvoll sind.

Aber auch viele Republikaner haben eine dezidierte Meinung zu verschiedenen Aspekten der Steuerreform. Insgesamt ist das verabschiedete Gesetzespaket jedoch gut für das Wachstum, für die Schaffung von Arbeitsplätzen, für berufstätige Eltern und Mittelstandsfamilien sowie für Unternehmen, die investieren und die neue Mitarbeiter einstellen wollen.

Ein weiteres Gesetz, das nach den Zwischenwahlen (der so genannten „lame duck“-Phase) verabschiedet wurde, ist ein Gesetz zum 11. September 2001 , das die Krankenversicherungskosten von Polizisten, Feuerwehrleuten, Rettungskräften und Anwohnern abdeckt, die an jenem schrecklichen Morgen und den darauf folgenden Tagen in der Nähe des World Trade Centers giftige Luft einatmeten.

Außerdem wurde ein Gesetz zur Lebensmittelsicherheit verabschiedet, das zur größten Neuerung im Bereich der Lebensmittelsicherheit in den Vereinigten Staaten seit der Weltwirtschaftskrise geführt hat.

Und mit der Abschaffung des 17 Jahre alten Gesetzes „Don’t-Ask-Don’t-Tell“ wurde eine langjährige Ungerechtigkeit korrigiert. Homosexuelle haben ihr Land seit Generationen ehrenvoll und unter Selbstaufopferung verteidigt. Es ist nur richtig, dass wir denjenigen, die gedient haben und denjenigen, die heute dienen, Respekt zollen.

Diese Gesetze zeigen, dass die Regierung der Vereinigten Staaten nicht zu endlosem Stillstand verdammt ist.

Es bleibt allerdings noch viel zu tun.

Die Wirtschaft wird weiterhin eines der großen Themen auf der Tagesordnung des Präsidenten sein.

Vom neuen Kongress ist eine ernsthafte Debatte über den Haushalt und die immer drängender werdenden Fragen zu erwarteten, wie wir die Programme beenden können, die nicht funktionieren, während wir in das Wesentliche investieren.

Ich spreche von Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung; mit anderen Worten, all jenen Dingen, die eine innovative und wettbewerbsfähige Volkswirtschaft ausmachen.

Nebenbei gesagt: Ein wettbewerbsfähiges Amerika ist für die Welt ebenso wichtig wie für die Vereinigten Staaten selbst – insbesondere für Länder wie Deutschland, mit denen es so starke Verbindungen im Bereich Handel und Investitionen gibt.

Wir haben den Tiefpunkt der Wirtschaftskrise überschritten – vielleicht sind wir noch nicht so weit wie Deutschland – aber Präsident Obama muss sich in den kommenden beiden Jahren nicht auf die Rettung der Volkswirtschaft vor einer möglichen Katastrophe konzentrieren.

Er muss darauf achten, dass kein falscher Kurs eingeschlagen wird, kann sich aber auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum konzentrieren.

Das bedeutet, dass die Regierung in jedem Sektor, von der verarbeitenden Industrie über saubere Energien, von Hochtechnologie bis Biotechnologie, sicherstellen muss, dass sie ein guter Partner für den Privatsektor ist – sei es als Unterstützer oder als Katalysator. Denn eines ist klar: Der Privatsektor muss die treibende Kraft der wirtschaftlichen Erholung sein.

Der Präsident und seine Regierungsmannschaft wollen, dass Demokraten und Republikaner, Konservative und Liberale darüber nachdenken was funktioniert, statt in die gleichen alten dogmatischen Denkschemata zurück zu verfallen.

Demokraten und Republikaner, Konservative und Liberale müssen mehr Möglichkeiten finden, ihre Arbeit so zu machen, dass es der Wirtschaft hilft.

Wenn es Bestimmungen gibt, die Neuerungen behindern, unsere Verbraucher, Arbeitnehmer oder die Umwelt aber nicht wirklich so durch sie geschützt werden wie ursprünglich vorgesehen, wie können sie dann verbessert werden?

Wie können die Gewinne, die Unternehmen gemacht haben, seit die Wirtschaft sich wieder erholt, für produktive Investitionen und Neueinstellungen in den Vereinigten Staaten eingesetzt werden?

Wie können wir den Prozess der Reindustrialisierung am besten gestalten, also die Dinge herstellen, die die Menschen wollen und dadurch Arbeitsplätze schaffen?

Wie können wir sicherstellen, dass wir unsere Produkte und Dienstleistungen exportieren und verkaufen können, statt nur im Ausland einzukaufen?

Präsident Obama hat oft gesagt, dass sich die Vereinigten Staaten „nicht mit dem zweiten Platz zufrieden geben“ werden.

Ich weiß, dass Bundeskanzlerin Merkel über Deutschland genauso denkt.

Das bedeutet, Handel und Investitionen müssen mehr Gewicht erhalten.

Vor fast einem Jahr kündigte der Präsident die so genannte Nationale Exportinitiative an. Sie basiert auf der Erkenntnis, dass wir den Weg der Deindustrialisierung zu weit gegangen sind und reindustrialisieren müssen. Sie stellt das ehrgeizige, aber erreichbare Ziel auf, unsere Exporte innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln; uns bleiben jetzt noch vier. Sie ist auch eine Möglichkeit, den internationalen Handel zu fördern und unterstreicht die Bedeutung der Arbeitsplatzschaffung für eine sich erholende Wirtschaft.

Für die Vereinigten Staaten bedeutet das, das Ungleichgewicht der Handels- und Leistungsbilanz auszugleichen. Es bedeutet, Maßnahmen zu ergreifen, die ausländische Investitionen fördern und unser Land für Menschen attraktiv machen, die es besuchen, hier leben und arbeiten wollen.

In vielen dieser Bereiche ist Deutschland entweder Vorbild oder Partner - oder beides.

Deutsche Unternehmen, die in Werke in den Vereinigten Staaten investiert haben - Unternehmen wie BMW, Mercedes oder ThyssenKrupp – exportieren mehr in die Vereinigten Staaten und schaffen dabei Arbeitsplätze.

Auch der deutsche Mittelstand ist daran beteiligt – kleinere Unternehmen wie IMS in Heiligenhaus, das ich im November besucht habe, sind in den Vereinigten Staaten vertreten und bauen ihre Präsenz dort aus.

Amerikanische Unternehmen nutzen die deutschen Messen, um für amerikanische Produkte zu werben - in Bereichen, in denen wir führend sind – beispielsweise in der Medizintechnik und der Kunststoffindustrie, in Bereichen, in denen wir erst am Anfang stehen und auch in Bereichen, in denen wir umrüsten und unsere Kompetenz wieder aufbauen.

Wie ich bereits erwähnt habe, ist der amerikanische Wohlstand wichtig für Deutschland. Und der deutsche Wohlstand ist wichtig für die Vereinigten Staaten.

Die Geschichte hat uns auf unterschiedliche Weise und zu unterschiedlichen Zeiten gezeigt, dass der nationale Wohlstand die Weichen für die globale Sicherheit stellt.

In den letzten beiden Jahren haben sich die Staats- und Regierungschefs der 20 größten Volkswirtschaften zusammengetan, um die Weltwirtschaft vor einer Katastrophe zu retten, während wir dabei waren, die größte Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise zu überwinden.

Insgesamt wächst die Weltwirtschaft wieder.

Der Handel hat zugenommen.

Arbeitsplätze werden geschaffen.

In einigen Ländern – darunter auch die Vereinigten Staaten – hat sich der Fortschritt bei Weitem nicht schnell genug eingestellt.

Auch ein ausgewogenes weltweites Wachstum haben wir noch nicht erreicht.

Viele hoch entwickelte Volkswirtschaften wachsen zu langsam und schaffen nicht genug Arbeitsplätze.

Einige Länder erwirtschaften hohe Überschüsse, andere große Defizite.

Wir müssen um jeden Preis ein Zurückfallen in die alten Ungleichgewichte verhindern, die überhaupt erst zur Wirtschaftskrise geführt haben, in deren Mittelpunkt eine schuldengetriebene Konsumorgie der Vereinigten Staaten stand.

Deshalb war es wichtig, dass sich die Staats- und Regierungschefs der G20 beim Gipfel in Seoul im November 2010 auf einen Weg nach vorne konzentriert haben.

Sie einigten sich auf eine Reihe von konkreten Maßnahmen für nachhaltiges und ausgewogenes Wachstum.

Denn wir haben gelernt, dass die globale Sicherheit von einer Vielzahl von wirtschaftlichen, aber auch politischen und sozialen Faktoren abhängt – auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene.

Zehn Jahre nach Beginn des neuen Jahrhunderts und zwanzig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges gibt es mehr bewegliche Spieler auf dem Feld, und die einzelnen Akteure und Teams sind zunehmend stärker und schneller und besser in der Lage, den Ball weiter als je zuvor zu spielen.

Deutschland ist ein Paradebeispiel hierfür. Es steht nicht mehr im Mittelpunkt der außenpolitischen Strategie der Vereinigten Staaten; es ist einer ihrer strategischen Partner bei der Förderung gemeinsamer globaler außenpolitischer Ziele.

Ich erzähle den Menschen immer, dass der Löwenanteil unserer Beziehungen bei der Zusammenarbeit zur Lösung der Probleme auf der Welt jetzt multilateral ist.

Ich erwähnte bereits, dass die Amerikaner von ihrer Regierung erwarten, dass sie sich auf die Wirtschaft konzentriert.

Die Amerikaner erwarten auch, dass ihre Regierung sich auf ihre Sicherheit konzentriert. In beider Hinsicht ist Deutschland, das Kernstück der Europäischen Union, ein Anker unseres globalen diplomatischen Engagements.

In den letzten drei Monaten sind sich die Vereinigten Staaten und die Europäische Union bei fünf aufeinander folgenden Gipfeltreffen begegnet – und jedes spiegelt die Bedeutung der Beziehungen wider.

Der NATO-Gipfel, der ISAF-Gipfel mit den Truppen und anderen, die einen Beitrag in Afghanistan leisten, ein Gipfel des NATO-Russland-Rats, ein US-EU-Gipfel, und der OSZE-Gipfel in Askana waren beispiellose Gelegenheiten für die Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Europa und Eurasien.

Der NATO-Gipfel in Lissabon war extrem produktiv und zeichnete sich durch gemeinsame Zielvorstellungen aus, die von allen Staats- und Regierungschefs geteilt wurden.

Wie viele von uns in diesem Saal wissen, hat es in den letzten 60 Jahren nie eine Garantie für den Erfolg der NATO gegeben. Tatsächlich haben Skeptiker mehrfach das Ende des Bündnisses vorhergesagt. Die NATO allerdings ist an ihren Anforderungen gewachsen und hat sich an die Herausforderungen der Zeit angepasst.

Heute steht eine von der NATO geführte Koalition aus 48 Nationen mit über 40.000 Soldaten aus Ländern von Verbündeten und Partnern geschlossen in Afghanistan.

Vor zwei Wochen verbrachte Vizepräsident Biden ein paar Tage in Afghanistan, um die Fortschritte vor Ort aus erster Hand zu beurteilen, während die NATO sich auf das Ziel eines stabilen, wachsenden und unabhängigen Afghanistan konzentriert, das selbst für seine Sicherheit sorgen kann.

Zufällig war ich zur gleichen Zeit in Afghanistan, ein vollständig davon getrennter Besuch.

Vor einem Jahr war ich als Gast des deutschen Verteidigungsministeriums und der Bundeswehr in Afghanistan.

Im Januar – vor gerade einmal zwei Wochen – hatte ich die Gelegenheit zu einem weiteren Besuch.

Auch ich habe die bedeutenden Fortschritte gesehen, aber, wie Vizepräsident Biden in seinen Gesprächen mit Präsident Karsai anmerkte, sind diese Fortschritte noch zerbrechlich und können rückgängig gemacht werden.

Um die Fortschritte aufrechtzuerhalten, müssen die Afghanen die Verantwortung für die Sicherheit und die Regierungsführung übernehmen.

Im Rahmen der Übergabe müssen wir weiter mit unseren afghanischen Partnern zusammenarbeiten, um die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen zu verbessern, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu fördern und zivile Einrichtungen zu stärken.

Deutschland leistet einen maßgeblichen und wichtigen Beitrag zu diesen Bestrebungen. Ich konnte mich selbst davon überzeugen, dass Ausbildung der Schlüssel für den Übergang in Afghanistan ist.

Ich möchte außerdem auf den Beitrag zu sprechen kommen, den ein bedeutender amerikanischer Diplomat zu diesen Bestrebungen geleistet hat, Botschafter Richard Holbrooke, der im Dezember unerwartet verstarb.

Dick Holbrooke war der Sondergesandte von Präsident Obama für Afghanistan und Pakistan.

Wahrscheinlich kannten viele von Ihnen Botschafter Holbrooke aus seiner Zeit hier in Deutschland.

Ich lernte ihn damals kennen. Sicherlich hinterließ er in der Zeit von 1993 bis 1994 als US-Botschafter ein bedeutendes Vermächtnis, aber seine persönlichen Beziehungen zu Deutschland hielten ein Leben lang.

Er war zweifelsohne eine überragende Persönlichkeit, sowohl in der Öffentlichkeit als auch privat.

Er ging mit einer einzigartigen Mischung aus Hartnäckigkeit und Leidenschaft an Herausforderungen heran.

Außenministerin Clinton sagte bei der Trauerfeier zu seinen Ehren:

„In jeder Zeit und ganz sicher in unserer Zeit gibt es nur wenige Menschen, die sagen können: Ich habe einen Krieg beendet. Ich habe Frieden gestiftet. Ich habe Leben gerettet. Ich habe Ländern geholfen, zu heilen.“


Richard Holbrooke hat diese Dinge vollbracht. Er wollte etwas bewirken und hat es getan. Er hat seinen Platz in der Geschichte gesichert.

Wie so viele entsandte Diplomaten und Politiker auf allen Ebenen und aus vielen unterschiedlichen Ländern war Dick Holbrooke von der Notwendigkeit eines neuen strategischen Konzepts für die NATO überzeugt, das die Fähigkeiten berücksichtigt, die das Bündnis zur Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts benötigt.

Er und Menschen wie Generalsekretär Rasmussen zeigten herausragende Führungskompetenz, indem sie die dauerhaften Stärken des Bündnisses erhielten und es gleichzeitig für die Bewältigung zukünftiger Aufgaben rüsteten.

Zu dieser Vision zählt die Stärkung von Partnerschaften mit Ländern außerhalb der NATO, die das Bündnis zu einem tragenden Pfeiler der globalen Sicherheit machen.

Für die transatlantischen Beziehungen bedeutet das konkret die Zusammenarbeit der NATO mit der EU auszudehnen und die Zusammenarbeit zwischen NATO und Russland wieder aufzunehmen.

Präsident Obama und der russische Präsident Dimitri Medwedew haben sich für einen Neustart der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland stark gemacht.

Wir sehen Russland als Partner, nicht als Gegner. Daraus haben sich konkrete Vorteile sowohl im Hinblick auf die amerikanisch-russischen Beziehungen als auch die umfassenderen Beziehungen zwischen der NATO und Russland ergeben.

In einigen entscheidenden Bereichen ist diese Kooperation unverzichtbar, dazu zählen: Sicherheit in Afghanistan, Sanktionen gegen Iran, Bekämpfung des Drogenhandels sowie Raketenabwehr.

Ich habe bereits einige Beispiele dafür genannt, wie sich Demokraten und Republikaner in den letzten Monaten bei innenpolitischen und wirtschaftlichen Fragen angenähert haben.

Es gab auch einige sehr wichtige außenpolitische Erfolge.

Es gibt ein altes Sprichwort, dass politische Differenzen an der Landesgrenze haltmachen (politics stop at the water's edge). Es wurde von dem republikanischen Senator Arthur Vandenberg geprägt, der sich mit dem demokratischen Präsidenten Harry Truman zusammentat, um bei Ausbruch des Kalten Krieges bahnbrechende nationale Sicherheitsmaßnahmen zu verabschieden.

Heute, mehr als sechzig Jahre später, sehen wir uns nicht nur von Kernwaffen bedroht, sondern von einer Vielzahl anderer Gefahren.

Dieses Prinzip, diese Tradition parteiübergreifender Unterstützung für die Rolle der Vereinigten Staaten auf der Welt, müssen wir weiter aufrechterhalten.

Ein Paradebeispiel für das überparteiliche Wesen außenpolitischer Verhandlungen im Kongress über die Landesgrenze hinaus ist die langjährige Beteiligung von Mitgliedern des Kongresses aus beiden Parteien an der Münchner Sicherheitskonferenz neben hochrangigen Regierungsvertretern.

Dieses Jahr bildet da keine Ausnahme.

Wir erwarten Außenministerin Clinton sowie den unabhängigen Senator Joe Lieberman und die republikanischen Senatoren McCain, Graham und Coats.

Der ehemalige Botschafter Dan Coats, den viele von Ihnen wahrscheinlich aus seiner Zeit in Deutschland kennen, wurde im November wieder in den Senat gewählt und wird nach München kommen.


Auf der Seite der Demokraten, und auch hier nenne ich nur einige wenige, erwarten wir die Senatoren Warner, Udall und Berman – zusätzlich zu den vielen Mitgliedern der umfassenderen amerikanischen außenpolitischen Gemeinschaft.

Im Übrigen handelt es sich um die gleiche außenpolitische Gemeinschaft, die absolut von der Notwendigkeit überzeugt war, den neuen START-Vertrag zu ratifizieren.

Es ist das bedeutendste Rüstungskontrollabkommen seit fast zwei Jahrzehnten, und die Ratifizierung im Dezember am Ende der letzten Sitzungsperiode des Kongresses war ein Zeichen, dass Republikaner und Demokraten geschlossen handeln können, wenn es um unsere Sicherheit geht.

Wie bei vielen Dingen, die wir in den letzten beiden Jahre geschafft haben, gab es einige, die sagten, es sei unmöglich. Aber es war möglich, und es ist Teil einer Tradition, auf die alle Amerikaner stolz sein können. Es ist außerdem ein Beweis dafür – um mit Mark Twain zu sprechen – dass Berichte über den Niedergang der politischen Agenda von Präsident Obama stark übertrieben waren.

Auch auf das Bündnis, das vor 60 Jahren ins Leben gerufen wurde und zu einem Europa führte, in dem es mehr Geschlossenheit, Freiheit und Wohlstand gibt als je zuvor, können die Amerikaner stolz sein.

Es gab auch Zeiten, in denen Experten den Niedergang der transatlantischen Beziehungen vorhersagten. In den Jahren nach dem Kalten Krieg sprachen sie vom „Ende der Geschichte“.

In den Jahren nach dem 11. September sprachen sie von „einem Scheideweg“, von einer reinen
Zweckgemeinschaft die sich auf dem Weg zu offener Rivalität befände. 

Nun, Mars (oder die Vereinigten Staaten) und Venus (Europa) sind auf den Planeten Erde zurückgekehrt.

Europa, mit einem engagierten Deutschland in seiner Mitte, ist heute der stärkste Bündnispartner der Vereinigten Staaten.

Führende amerikanische und europäische Politiker erkennen heute, dass Zusammenarbeit ausschlaggebend für die Sicherheitsziele ist, die wir alle erreichen wollen.

Wie die jüngste Gipfelserie zeigt, arbeiten wir gut zusammen, und wir werden mit der Zeit immer besser, sowohl bei Themen auf der Mikro- als auch der Makroebene.

Ich habe heute Abend lediglich einige dieser gemeinsamen Sicherheitsziele angesprochen, ohne ins Detail zu gehen.

Ich möchte Ihnen jedoch versichern, dass Außenpolitik weiter ein Eckpfeiler der Agenda von Präsident Obama bleiben wird.

Er wird die schwerwiegenden Probleme auf der Welt, die wir nur gemeinsam lösen können, nicht aus den Augen verlieren. Seit meiner Ankunft hier vor 18 Monaten werde ich nicht müde zu betonen, dass wir keinen besseren Partner als Deutschland haben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.



China Visum beantragen
direkt von der Botschaft auch am gleichen Tag
www.chinavisum24.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen